Als Prinzregent Luitpold am 12.12.1912 in München starb, da existierte die von ihm in der Alexandrastraße, einer kleinen Nebenstraße „seiner“ Prinzregentenstraße, gegründete „Kgl. Luitpold-Kreisrealschule“ bereits seit 21 Jahren. Um den „polytechnischen Nachwuchs“ im Königreich Bayern zu fördern sowie den neuen Herausforderungen der Industrialisierung und der modernen Technik gerecht werden zu können, wurde die „Kreisrealschule“ 1907 zur „Luitpold-Kreis-Oberrealschule“ aufgewertet und – mit damals bereits fast 1000 Schülern! – zu einer der beliebtesten und angesehensten Bildungsstätten in der Residenzstadt München.
Alte Fotos künden von dem stolzen Bau an der Alexandrastraße, der im 2. Weltkrieg von Brandbomben größtenteils zerstört und dann einem wenig anheimelnden Verwaltungsbau im Stile der 50er-Jahre weichen musste, obwohl die Fassade durchaus noch erhaltenswert gewesen wäre. Erst 1958 konnten wir wieder ein eigenes Gebäude, nun auf dem ehemaligen Gelände des Kulissenlagers der Bayerischen Staatsoper in der Seeaustraße, beziehen. Da 1944 leider auch ein Großteil unseres Schularchivs verbrannte und damit für immer verloren ging, erinnerte im neuen Gebäude nur noch wenig an den Namensgeber unserer Schule. Grund genug, ein Luitpold-Archiv aufzubauen.
In Antiquariaten, auf Flohmärkten und bei Auktionen gab es im Verlaufe der letzten zwei Jahrzehnte viele Luitpold-Erinnerungsstücke – bisweilen mit finanzieller Unterstützung des Elternbeirates – zu kaufen, zu erwerben und zu ersteigern: Bücher über unseren Prinzregenten und vaterländische Broschüren aus seiner Zeit, alte Fotos, großformatige Porträts und kleine (aber wertvolle) Briefmarken, viele Stiche mit dem rauschebärtigen Prinzregenten, zahlreiche nostalgische Postkarten und reichlich Devotionalien zur Erinnerung an einen der volkstümlichsten bayerischen Regenten aus dem Hause Wittelsbach. Seltene Preziosen darunter, absolute Rarissima, wie beispielsweise eine Original-Speisekarte zum Galadiner aus Anlass des 90. Geburtstages von „des Königsreichs Verweser“ im Jahre 1911 und – ein ganz besonderes Fundstück! – die offiziellen protokollarischen Aufzeichnungen und Anweisungen für die pompösen Trauerfeiern anlässlich der Beisetzung des Prinzregenten im Jahre 1912, bei der die wichtigsten Kaiser, Könige, Fürsten und viele andere Herrscher aus ganz Europa teilgenommen haben.
Da Luitpold ein begeisterter Jäger, ein Freund der schönen Künste und der Kulinarik war, sind auch hiervon einige literarische und historische Kostbarkeiten in unser Archiv ebenso gewandert wie Erinnerungsstücke an das von ihm nachhaltig geförderte Bayerische Nationalmuseum und den in seiner Regierungszeit (1886-1912) errichteten Friedensengel sowie an das nach ihm benannte Prinzregententheater und das Prinzregentenbad (liebevoll „Prinze“ genannt). Nicht ohne Grund lässt Thomas Mann seine berühmte Novelle „Gladius Dei“ vom Jahre 1901 mit den Worten „München leuchtete“ beginnen, denn eine schönere und treffendere Charakterisierung der Kgl. Haupt- und Residenzstadt zur Prinzregentenzeit kann es kaum geben.
Wer Erinnerungsstücke, Bücher, Bilder, Dokumente und andere „Luitpoldiana“ (aber auch Erinnerungsstücke von und über ehemalige Schüler und Schülerinnen sowie Lehrer und Lehrerinnen) unserem Archiv übergeben möchte, dem ist der Dank jetzt schon gewiss.
StD a.D. Hannes S. Macher